Beschluss Verwaltungsgericht Chemnitz

Das Verwaltungsgericht Chemnitz entschied am 29.05.2020 zum Wohle einer Familie und dessen Kind. Denn auch bei einem Wechsel nach dem 01.03.2020 von der Kindertagespflege in eine Kita ist der Nachweis des Masernschutzes erst bis zum 31.12.2021 zu erbringen. Der Beschluss, zum Nachlesen, ist auf der Homepage des Gerichts veröffentlicht.

Zu beachten ist jedoch, und darauf weist das Gericht hin, dass der Beschluss noch nicht rechtskräftig ist, es sich um eine Entscheidung im Rahmen eines Eilverfahrens handelt und die vorläufige Entscheidung nur zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits gilt. Mündlichen Berichten zufolge wurde beim Sächsischen Oberverwaltungsgericht Beschwerde gegen den Beschluss eingelegt.

Bei der Entscheidung geht es vor allem um die Auslegung der Übergangsregelung. Der genaue Wortlaut der Übergangsregelung lautet:

“Personen, die am 1. März 2020 bereits in Gemeinschaftseinrichtungen nach § 33 Nummer 1 bis 3 betreut werden oder in Einrichtungen nach § 23 Absatz 3 Satz 1, § 33 Nummer 1 bis 4 oder § 36 Absatz 1 Nummer 4 tätig sind, haben der Leitung der jeweiligen Einrichtung einen Nachweis nach Absatz 9 Satz 1 bis zum Ablauf des 31. Juli 2021 vorzulegen.” (Hervorhebung durch den Verein)
Anmerkung des Vereins: Die Frist zur Vorlage eines Nachweis wurde mittlerweile bis zum 31. Dezember 2021 verlängert.

Dieses vorläufige Ergebnis sehen wir, im Sinne der Eltern, die sich für eine freie, verantwortungsbewusste und individuelle Impfentscheidung einsetzen, als durchaus erfreulich. Denn auch in anderen Bundesländern entscheiden Kommunen und Einrichtungsträger unabhängig von dieser Gerichtsentscheidung in diesem Sinne. Lesen Sie hierzu unseren Beitrag „Erfolg – Neuaufnahme nach Umzug – Übergangsregelung gilt“, wonach der Nachweis des Masernschutzes auch erst zum 31.12.2021 vorgelegt werden muss.

Wird die Entscheidung rechtskräftig, hätte dies zur Konsequenz, dass der Nachweis des Masernschutzes ab dem 01.03.2020 nur bei erstmaliger Aufnahme eines Kindes in eine Gemeinschaftseinrichtung überhaupt zu erbringen wäre und bei allen Fällen eines Wechsels, bei denen das Kind am 01.03.2020 bereits in irgendeiner Gemeinschaftseinrichtung betreut wurde und jetzt die Einrichtung wechselt, die Übergangsregelung greifen würde. Als Wechsel würde künftig dann auch der Übergang vom Kindergarten in die Schule gelten. Jetzt bleibt nur abzuwarten, ob diese Entscheidung auch in der Beschwerdeinstanz Bestand hat, ob sie in der Hauptsache Bestand hat und ob diese Auffassung des Verwaltungsgerichts Chemnitz auch von anderen Gerichten geteilt und von der Praxis übernommen wird.

Aus unserer Sicht und der Sicht des Vereinsanwalts gibt es Spielräume in der Argumentation, die genutzt werden sollten.

  1. Argumentieren Sie, dass es sich z.B. beim einrichtungsinternen Wechsel von der Krippe in den Kindergarten lediglich um einen Wechsel der Betreuungsform handelt.
  2. Argumentieren Sie, dass nach dem Beschluss des Verwaltungsgerichts Chemnitz auch bei einem Wechsel von Tagesmutter zu Kindergarten, von Kindergarten zu Kindergarten, etc. also auch bei einem Wechsel von einer Gemeinschaftseinrichtung in eine andere die Übergangsfrist bis zum 31.12.2021 gilt.
  3. Legen Sie die o.g. Entscheidungen/Argumentationen/Sichtweisen vor, dass das Kind bereits zum 01.03.2020 in irgendeiner Gemeinschaftseinrichtung sein muss, damit die Übergangsregelung greift.


Update 20.08.2020: die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Chemnitz wurde vom Oberverwaltungsgericht Sachsen mit Beschluss vom 20.08.2020 revidiert – hier der Volltext des Urteils (OVG Sachsen, 20.08.2020 – 3 B 233/20).

Rückmeldungen von Betroffenen, die MUT machen:

Rückmeldung vom 20. Juli 2020
Die Bemühungen mit dem Verweis auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Chemnitz haben sich ausgezahlt. Meine Tochter darf nun von der Tagesmutter in den Kindergarten wechseln und bekommt, wie auch ihre ältere Schwester, die bereits im Kindergarten war vor dem 01.03.2020, die Übergangsfrist für den Nachweis bis zum 31.07.2021. Die Angelegenheit wurde vom Träger des Kindergartens zur Entscheidung an das Gesundheitsamt gegeben. Ich nehme somit an, dass dies das Gesundheitsamt entschieden hat. Der Kindergarten hat alle Eltern angeschrieben, auch diese,  wo  die Kinder teilweise bisher nur eine von den zwei benötigten Impfungen hatten, dass Zeit bis zum 31. 07.2021 dafür sei. Das ist doch eine postive Sache, wie ich finde.   
Vielleicht ermutugt das weitere Eltern es zu probieren. 

Rückmeldung 20. Juli 2020
Auf der Grundlage des Beschlusses des VG Chemnitz v. 29.5.2020 konnten wir beim örtlichen Gesundheitsamt nun ebenfalls (ohne Anwalt) erwirken, dass unser Kind zum Schulantritt NICHT geimpft werden muss, sondern die Nachweispflicht bis zum 31.07.2021 angenommen wurde. Dies gibt uns zumindest einen Aufschub hinsichtlich der abzuwartenden Entscheidung aus Karlsruhe.
Anmerkung: mittlerweile wurde die Nachweispflicht bis zum 31.07.2022 verlängert.

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